MLM & Network Marketing Mutanten

Der MLM-E-Mail-Mutant

Unbenommen ist das Internet mehr und mehr auf dem Vormarsch und hat das Network-Marketing-Geschäft grundlegend verändert. Die Systeme werden immer ausgefeilter, von der Landingpage geht es direkt zum Onlineantrag und letztendlich stellt sich die Frage, wofür wird dann eigentlich noch der Berater im Network Marketing benötigt, wenn doch alles vollautomatisch abläuft. In kürzester Zeit ist es mittlerweile möglich, hundert oder zweihundert Interessenten über diesen Weg in den eigenen Account zu prügeln. Dann wird jeden Tag nachgeschaut, ob sich schon etwas getan hat. Kein neuer Geschäftspartner, kein Umsatz! Unter den ganzen Interessenten scheint niemand begriffen zu haben, welch große Gelegenheit er da jetzt gerade verpaßt. Da sagt sich der E-Mail-Mutant, dem kann durch ein, zwei Newsletter-Angriffswellen an 20.000 Empfänger vielleicht nachgeholfen werden, worauf sich der Stamm der eingetragenen Newsletter-Interessenten direkt durch kollektive Austragung halbiert. Macht nichts, denkt dieser, denn auch in Vietnam hat es Verluste gegeben und so wird, laut Anweisung vom obersten Einsatzkommando, das System auf den „Automatik-Geschäftspräsentations-Einladungsmodus“ via Geheimcode scharfgestellt. Ähnlich einem Sperrfeuer erhalten jetzt die Restüberlebenden zweimal täglich die neusten Informationen darüber, wann die nächste Live-Onlinepräsentation, die eigentlich schon ausgebucht sei, stattfindet. Fiebernd sitzt der Network-Marketing-E-Mail-Mutant jetzt im Stundentakt vor der PC-Kiste, um die Ergebnisse seiner Newsletter-Bombenabwürfe zu verfolgen.

Von der Kunst, seine Interessenten zu vernichten

Auf rund 20.000 E-Mails die verschickt wurden, haben sich dann 200 Interessenten eingetragen, nachdem die Upline auch noch mehrfach versucht hat, flankierend mit weiteren Mails zu informieren. Schließlich hat ja die Upline den Generalschlüssel zu all seinen Downlinern und deren Interessenten und versteht sich nicht nur intellektuell als höchste Instanz, sondern auch durch Rang und Titel auserkoren, weil er bereits die erste Karriereplanstufe erreicht hat. Insofern ist es nur legitim im militärischen Ernstfall eingreifen zu dürfen und je nach Lage und Ernst der Situation die Frequenz des E-Mail-Bombardements zu erhöhen. Der ganze Aufwand führte letztendlich dazu, dass sich trotzdem ganze zehn Geschäftsaspiranten herauskristallisierten, die sich zur Live-Onlinekonferenz angemeldet hatten. Ob des sensationellen in Aussicht stehenden Erfolges herrscht sodann verständlicherweise hektische Aufgeregtheit im Hauptquartier, da der Tag der Präsentation immer näher rückt und das Filtersystem alle Erwartungen zu übertreffen scheint. Und das Ergebnis ist sensationell, nein, das wäre untertrieben, es entspricht ganz den verheißenden Trends des Internets, im Stande zu sein, eine Revolution auslösen zu können, mit der binnen weniger Jahre die ganze Welt rekrutierbar wäre. Zwei Geschäftspartner starten direkt nach der 180-Minuten-Livepräsentation der Führungskraft. Sofort, nachdem die Monitore im Heimstudio des Moderators ausgegangen sind. Eine ideale Gelegenheit, diesen direkt und das macht die Technik von heute wirklich möglich, sofort eine Mail zu schicken und im Namen des gesamten Success-Teams bei den wirklichen Profis des Unternehmens begrüßen zu dürfen, denn zwei Einschreibungen aus einem Potenzial von 20.000 Kontakten ist natürlich eine echte Sensation und bestätigt das Multiülikationswunder im Network Marketing.

Dieses Geschäft hat etwas mit Gesprächen zu tun

Diese einmalige Erfolgsgeschichte, geschrieben und auch erst möglich durch die vielfältigen Möglichkeiten des Internets, zeigt auf, was alles in diesem Geschäft machbar ist, auch wenn sich niemand mehr in der Lage sieht, entweder zum Telefonhörer zu greifen oder Interessenten auf ein Lobby-Meeting einzuladen. Der E-Mail-Mutant, der zur neuesten Generation der Networker gehört, kann sich ganz uncharismatisch hinter dem Computer verstecken und vernichtet mit dem drücken weniger Tasten ein Potential von insgesamt 200 registrierten Interessenten und wertet dies als persönlichen Erfolg. Eines wird an diesem Beispiel deutlich. Wer kommunizieren kann, ist klar im Vorteil. Jemand der zum Telefonhörer greift und sei es durch die Hinzuziehung einer Sekretärin und in kurzen Gesprächen herausfindet, warum sich jemand registriert hat, der Small-talk beherrscht und in der Lage ist, nette Telefonate zu führen, wird dem E-Mail-Mutanten, auch bei allen neuen technischen Errungenschaften, die noch auf uns zukommen mögen, immer überlegen sein. Aber leider können das scheinbar nur noch die wenigsten und deshalb steht den E-Mail-Mutanten im Network Marketing  aller Wahrscheinlichkeit nach eine wahrhaft große Zukunft bevor. Er verkörpert nicht nur den Wandel der Branche, nein, er repräsentiert einen völlig neuen Typ von Networker, der lautlos und leise von zu Hause aus die internationalen Märkte erobert und das mit der unverrückbaren Gewissheit, das nur 20.000 Newsletterkunden benötigt werden, um zwei Erstlinien zu rekrutieren. Der Rest der Erfolgsgeschichte ergibt sich dann schon ganz automatisch aus der Gesetzmäßigkeit der Duplikation in der Tiefe.

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