Die MLM-Affenformel
Auf den Spuren der MLM-Affenformel. Spätherbst! Wir schreiben das Jahr 1995 und ich hatte das persönliche Vergnügen, eine der angeblich ganz großen Network-Marketing-Legenden kennenzulernen, der von dem Nimbus umgeben war, über alle Geheimnisse dieser Branche Bescheid zu wissen. Ich möchte seinen Namen nicht nennen, denn es war ein geheimer Ort, an dem wir uns trafen und aus diesem Grund nennen wir ihn einfach, wie in einem Mafia-Thriller, den Don, damit er unerkannt bleibt. Ich saß in der Lobby und wartete. Wie unser Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt war auch ich zu diesem Zeitpunkt bekennender Kettenraucher und mich umgab wie gewohnt der Nebel wabernder Rauchschwaden, die dem Treffen zudem noch etwas Geheimnisvolleres verlieh. Zu diesem Zeitpunkt kam es noch einer Sensation gleich, wenn sich einer dieser „MLM-Rockstars“ aus Amerika über den großen Teich begab, um den Unwissenden in Europa erste Lektionen zu erteilen, wie man erfolgreich Menschen für dieses Geschäft fischt. Ein Geheimnis, nach dem alle ganz verrückt waren, versprach es doch dem, der es entschlüsseln konnte, das Wissen, welches nur wenigen Insidern vorbehalten war, zu Reichtum, Wohlstand und Millionen.
Ich war gespannt, lechzte doch die Masse der Networker danach, was der große DON ALLWISSEND zu verkünden hatte. Zu diesem Zeitpunkt kauften die Networker, insbesondere in Amerika, wirklich jeden Schwachsinn, auf dem in großen Lettern stand: „So werden Sie erfolgreich im Network“!
Wir hatten keinen guten Start für unser Gespräch. Erst erschien seine Frau und wedelte ganz hektisch die von mir kunstvoll erzeugten Rauchschwaden durcheinander und dann mußte ich mir noch anhören, der DON wäre herzkrank und vertrüge es nicht, wenn jemand rauchen würde. Daraufhin steckte ich mir erst einmal eine neue Zigarette an und dachte mir, andere Länder, andere Sitten, wir sind hier nicht in Amerika. Die Demonstration hatte gesessen. Dann kam er. Schon zwanzig Meter von mir entfernt lief er hustend und wie ein nach Luft schnappender Karpfen mit der Hand schwenkend durch die Hotellobby, um mir zu demonstrieren, daß er unter Atemnot leide. Ich dachte nur, das wird ein kurzes Interview. Irgendwie hat man mir angesehen, was nicht weiter schwer ist, daß ich keine Veranlassung sehen würde, nachzugeben. Plötzlich ging es dann doch. Die Schnappatmung hatte nachgelassen. Ohne ein Atemgerät zu benutzen, erzählte er mir ganz verzaubert von seiner Philosophie zum Thema Network Marketing. Ich war ganz gespannt darauf, was jemand aus seiner Zauberkiste holen würde, der angeblich von seinem Buch, das nun auch in Deutschland erscheinen sollte, in Amerika Millionen Exemplare verkauft hatte. Anfangs dachte ich noch wirklich, so viele Amerikaner können sich nicht irren.
Die Geschichte von den Silber- und Goldschiffchen
Dann legte er los und erklärte mir, wie sinnvoll es sei, (und genau so würde er es machen) in mehr als zehn verschiedenen Network-Marketing-Firmen gleichzeitig tätig zu sein. Man wüßte nie, wo jemand wirklich beginnen würde, richtig zu arbeiten. Außerdem hätte er mit dieser Taktik eben mehrere Einnahmequellen, so sein Resümee. Nach einigen Minuten kam er dann auf den Punkt. Ich war schon ganz gespannt, wie denn nun die ultimative Erklärung aussah, um neue Geschäftspartner zu gewinnen. Er faselte etwas von Silberschiffchen und von Goldschiffchen, davon, was geschehen könne, wenn nur drei Einsteiger wieder drei Einsteiger fänden und davon, daß das ganze System des Networks wie beim Militär aufgebaut sei. Ich dachte mir, welch hinreißende Erkenntnis und fragte mich natürlich, ob er eventuell beim Militär ausgemustert wurde, um jetzt sein Restwissen über militärische Operationen in ganz Europa zu verbreiten. Es ist kaum zu glauben, aber eine ganze Generation von Networkern ist mit dieser Zauberformel der Duplikation und der Silber- und Goldschiffchen-Geschichte durch die Lande gezogen, um Menschen von diesem Geschäft zu begeistern. Die Verdummungsformel hat Einzug auf Seminaren gehalten, in Firmenschulungen, in Einzelpräsentationen und alle haben sich gewundert, warum die Fluktuation so groß war und warum die Formel in der Praxis nicht so richtig funktionieren wollte. Liegt es daran, daß die Interessenten wie Affen behandelt wurden, die nicht normal denken können? Möglich, aber die Zeiten haben sich eh geändert. Heute müssen Sie professioneller auftreten, auch wenn die Argumentationsreihen zum Thema Geld und „reich werden“ ähnlich geblieben sind.
Vermeiden Sie die Affenformel
Die Zeiten haben sich geändert und wenn Ihnen heute noch jemand dieses Geschäft mit der 3 x 3- oder 5 x 5- Formel schmackhaft machen möchte, dann sollten Sie stutzig werden und sich fragen, mit wem Sie es zu tun haben. Hierfür möchte ich Ihnen einige schlagende Gründe nennen, auch wenn es einige Führungskräfte und auch Unternehmen brüskieren mag, die nach wie vor auf den Geschäftspräsenationen mit der Affenformel auf Rekrutenfang gehen.
1.) Die Person zweifelt an Ihrer Intelligenz und Sie erleben gerade eine Geschäftspräsentation für Affen!
2.) Diese Formel hat noch nie funktioniert und wird auch nie funktionieren!
3.) Man versucht, Sie für dumm zu verkaufen, wenn man weiß, dass die Formel nicht und noch nie funktioniert hat!
4.) Sie steigen in das Geschäft unter falschen Voraussetzungen ein und sind dem Multiplikationswunder der Affenformel erlegen.
Letztendlich müssen Sie sich fragen ob Sie Affen für dieses Geschäft gewinnen möchten oder Geschäftsleute. Also, stellen Sie sich bitte vor Ihrem inneren Auge vor, daß Sie einem Geschäftsmann oder vielleicht sogar mir in einer 5-Sterne-Lobby mit Emphase und lausiger Powerpointpräsentation erklären, das 3 x 3 exakt 9 sind und 3 x 9 sogar die Summe von 27 ergibt. Glauben Sie mir, er oder ich wären von alleine nicht darauf gekommen!
Hier ist nochmal die Zauberformel, bei der Sie ins grübeln kommen sollten!
3 x 3 = 9
3 x 9 = 27
3 x 27 = 81
3 x 81 = 243
3 x 243 = 729
3 x 729 = 2.187
3 x 2.187 = 6.561
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